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Newsjacking: Eine Augen-OP für den Schiedsrichter

Die Fußball-WM macht vor den Viertelfinali eine kurze Pause. Einige Favoriten wie Spanien, England oder Italien sind gestrauchelt. Mit dem Viertelfinal-Einzug von Costa Rica hat es eine waschechte Überraschung gegeben. Heftig diskutiert von Fußballfans wurde aber vor allem so manche fragwürdige Schiedsrichterentscheidung.

Gleich in der Eröffnungspartie zwischen Brasilien und Kroatien hat sich der japanische Referee Yuichi Nishimura den Unmut vieler koratischer Fußballfans zugezogen. Sein spielentscheidender Elferpfiff für Brasilien war für viele ein Witz. In sozialen Netzwerken wurde Nishimura mit Spott überschüttet.

Newsjacking bringt Aufmerksamkeit

Was hat diese Fehlentscheidung mit PR zu tun, fragen Sie sich jetzt vielleicht? Sehr viel – denn in solchen Aufregern liegt eine schöne Möglichkeit, seine eigenen Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen.

So hat die kroatische Augenklinik „Klinika Svjetlost“, die sich auf Laseroperationen spezialisiert hat, die Aufmerksamkeit nach dem Spiel geschickt für sich zu nutzen können. Via Twitter übermittelte die Klinik dem Referee einen Gutschein für eine kostenlose Augenoperation. „For the sake of football, our experts can help“, lautete der Tweet, der an den japanischen Fußballverband gerichtet war.

Die „Klinika Svjetlost“ brachte es mit diesem Tweet zu einer hohen Medienresonanz. Alleine in Österreich berichteten der ORF und mehrere Tageszeitungen über die Aktion. Und das, obwohl die Augenklinik via Twitter bis dato keine Aktivitäten gesetzt hatte.

Die Methode, die uns „Klinika Svjetlost“ so schön vorgeführt hat, ist in der PR-Branche unter dem Begriff „Newsjacking“ zu einem heißen Trend geworden. Unter Newsjacking versteht man schlicht die Kunst, Nachrichtenereignisse für eigene Botschaften zu nutzen.

Neue Möglichkeiten

Im Prinzip ist der Ansatz ein alter PR-Schmäh. Gute Kommunikationsexperten haben es schon immer verstanden, Nachrichtenereignisse für eigene Anliegen zu nutzen. Nur: Durch die Möglichkeiten der Echtzeitkommunikation haben sich die Spielregeln stark verändert.

Wer wie die „Klinika Svjetlost“ erfolgreiches Newsjacking im Social Web betreiben will, braucht Kreativität, Spontanität, das richtige Gespür für Themen und ein Produkt, das zum Ereignis passt.

Vom richtigen Zeitpunkt

Erfolgreiche Newsjacks müssen möglichst unmittelbar nach Auftreten eines Nachrichtenereignisses abgesetzt werden. Am besten bevor Journalisten damit beginnen, zusätzliche Informationen für die Berichterstattung einzuholen.

Der US-amerikanische Kommunikationsexperte David Meerman Scott hat in seinem empfehlenswerten E-Book Newsjacking eine Infografik veröffentlicht, die den Zyklus von Newsjacks schön illustriert.

Newsjacking - Life of a news story

Obacht bei Tragödien

Newsjacking ist ein tolles Instrument, das relativ rasch eingesetzt werden kann. Aber Vorsicht: Sie sollten in jedem Fall auf Newsjacking zu Ereignissen verzichten, in denen Menschen zu Schaden gekommen sind.

Ein trauriges Beispiel dafür ist die Newsjacking-Aktion von „Fish&Co“ in Singapur. Während schwerer Unruhen im Stadtteil „Little India“ Ende 2013 versuchte das Fastfood-Restaurant, von der hohen medialen Aufmerksamkeit für das Ereignis zu profitieren.

Sie postete auf Facebook das u. a. Bild mit der Botschaft „Stay Away from Riot & Eat Bombay Fish and Chips“. Die Aktion ging gehörig daneben und sorgte für viel Entrüstung.

Little India

Newsjacking ist planbar

In meinen PR-Konzepten plane ich Newsjacking in der Regel mit. Die Termine von Großereignissen stehen oft Monate oder Jahre im vorhinein fest.

Für die Planung von Newsjacks arbeite ich u. a. mit redaktionellen Jahresplanern, wie z. B. der Terminvorschau von Journalismus.com. Darin findet Sie einen Überblick über alle wesentlichen Termine des Jahres, wie z. B. Gedenktage, kulturelle Großveranstaltungen oder eben Sportevents.

Jahresplaner 2014 von Journalismus.com

Titelbild: Yuichi Nishimura bei der Eröffnungspartie der Fußball-WM 2014 zwischen Brasilien und Kroatien (Foto: AGIF, Shutterstock.com)