In meiner Heimatstadt Braunau am Inn lamentiert die Politik gerne darüber, dass man das „braune Image“ als Hitler-Geburtsstadt nicht los wird. Solange in der Innstadt allerdings eine Straße nach einem Nationalsozialisten benannt ist, braucht man sich darüber nicht wundern.
Die Josef-Reiter-Straße in meiner Heimatstadt Braunau am Inn ist mir schon lange ein Dorn im Auge. Sie ist nach dem Komponisten Josef Reiter benannt, der am 19. Jänner 1862 in der Braunauer Kirchengasse geboren wurde. Reiter war u. a. Dirigent am Mozarteum Salzburg (1908 –1911) und Kapellmeister des Hofburgtheaters in Wien (1917/18).
Goethe-Symphonie für Adolf Hitler
Was Reiter aber als Namenspate für eine Braunauer Straße völlig unpassend erscheinen lässt, ist, dass er ein glühender Hitler-Verehrer und ein frühes NSDAP-Mitglied (seit 3. Jänner 1929!) war. 1931 widmete Reiter Adolf Hitler mit seiner „Goethe-Symphonie“ sogar eine eigene Komposition.
Am 13. März 1933 stellte Reiter zudem den Antrag, Adolf Hitler die Ehrenbürgerschaft der Stadt Braunau zu verleihen. Das Land Salzburg strengte ein Ausbürgerungsverfahren gegen ihn an. Reiter übersiedelte nach Bayerisch-Gmain – „angewidert von den österreichischen Zuständen“, wie sein Freund un Librettist Max von Millekonkovich-Morold in seiner Autobiographie „Vom Abend zu Morgen“ (1940) schreibt.
Zu Ostern wurde Reiter vom Hitler am Berghof am Obersalzberg empfangen. Am 17. Juni 1933 zog Reiter den Ehrenbürgerschaftsantrag für Hitler zurück, zwei Tage später wurde die österreichische NSDAP verboten.
Von Hitler rehabilitiert
Mit der Ausbürgerung verlor Reiter die Ehrenpension der Stadt Wien, am 22. Oktober 1936 wurde ihm die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen. „Aber der Führer selbst verfügte, daß ihm das Geraubte ersetzt wurde; auch kam der Tondichter jetzt im Reich zu neuen, verdienten Ehren“, schreibt Max von Millenkovich-Morold, selbst NSDAP-Mitglied.
1937 wurde Reiter deutscher Staatsbürger, im selben Jahr verlieh ihm Hitler zu seinem 75. Geburtstag die Goethe-Medaille. Wenige Tag nach dem Anschluss kehrte Reiter nach Wien zurück. Am 2. Juni 1939 verstarb er in Bayerisch-Gmain. Nach dem Kriegsende 1945 wurde die Braunauer Ernst-Udet-Straße in Josef-Reiter-Straße umbenannt.
Einstimmig gegen Umbenennung
Ich finde es schlicht beschämend, dass gerade in Braunau heute noch eine Straße nach einem Nationalsozialisten und Hitler-Verehrer benannt ist. Seit dem Jahr 2000 versuche ich daher, die Braunauer Bürgermeister von der Notwendigkeit einer Umbenennung zu überzeugen. Zunächst bei SPÖ-Bürgermeister Gerhard Skiba, dann bei ÖVP-Bürgermeister Johannes Waidbacher. In beiden Fällen ohne Erfolg.
Waidbacher teilte mir vor ca. einem Jahr mit, dass im Ausschuss für Kulturangelegenheiten am 22. November 2012 eine Umbenennung EINSTIMMIG abgelehnt wurde. Im Ausschuss saßen damals VertreterInnen von SPÖ (5), FPÖ (2), Grüne (1) und ÖVP (1). Die Begründung im Wortlaut:
In Anbetracht der Tatsachen, dass am Wiener Zentralfriedhof ein Ehrengrab für Josef Reiter besteht, er bereits im Juni 1939 verstorben ist und keine Funktionen in der NSDAP bekleidet hat sowie von ihm kein strafrechtlich relevantes Verhalten in der NS-Zeit bekannt ist, wird die Josef-Reiter-Straße nicht unbenannt und auch keine ergänzende Hinweistafel aufgestellt.
In Bezug auf das Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof irrt Waidbacher allerdings. Der Ehrgengrabstatus wurde bereits im Jahr 2004 aberkannt.
Update 10. Dezember 2014
Auch in der Stadt Salzburg ist man weiter: Das Josef Reiter im August 1938 verliehene „Ehrenbürgerrecht der Gauhauptstadt Salzburg“ wurde vom Gemeinderat im Dezember 2014 widerrufen.