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Werteorientiertes Marketing

Unternehmen brauchen heute Mut zur Haltung – auch auf die Gefahr hin, Andersdenkende vor den Kopf zu stoßen. Wer es allen Recht machen will, hat schnell verloren. Werteorientiertes Marketing setzt auf einer werteorientierten Markenidentität auf.

Ein prominentes Beispiel für gekonntes werteorientiertes Marketing war die Werbeaktion von Nike mit dem Football-Star Colin Kaepernick aus dem Herbst 2018.

Der ehemalige Quarterback der San Francisco 49ers hatte gegen Polizeigewalt protestiert, indem er beim Abspielen der Nationalhymne kniete statt aufrecht zu stehen. Er zog sich damit den Groll von US-Präsident Donald Trump zu, der von den NFL-Eigentümern forderte, protestierende Spieler zu feuern.

In der nachfolgenden Saison bekam Kaepernick keinen Vertrag mehr. Nike indes machte den ehemaligen Quarterback zum Werbeträger. Von dem in Schwarzweiß gehaltenen Sujet stand über Kaepernicks Konterfei der Schriftzug: „Glaube an etwas. Auch wenn es bedeutet, alles zu opfern.“

Colin Kaepernick
Colin Kaepernick am Cover der Time vom Oktober 2018 und auf dem Sujet von Nike

Basis für werteorientiertes Marketing ist die Entwicklung einer werteorientierten Markenidentät, also dem Selbstbild eines Unternehmens über seine Marke.

Mission: Warum gibt es unser Unternehmen und was treibt uns an?
Werte: Wofür stehen wir ein?
Vision: Was wollen wir erreichen?

Mission: Der Stern am Horizont

Die Mission ist die Daseinsberechtigung eines Unternehmens. Für Franz-Rudolf Esch fungiert sie als „Stern am Horizont“ (1), an dem sich die Mitarbeiter zwar orientieren können, den sie aber nie erreichen werden.

Die Mission wird als kurzer und einprägsamer Leitsatz formuliert. Dieses Mission Statement sollte möglichst langlebig sein und aktuellen Trends standhalten können. Im Kern beantwortet es die Frage, worum es ein Unternehmen überhaupt gibt – kurz, prägnant und möglichst konkret.

Zu einem Klassiker ist etwa das Mission Statement von Google geworden: „Die Informationen dieser Welt organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar machen.“ In diesem Satz steht nichts von einzelnen Google-Diensten wie Chrome, Gmail, Suche oder YouTube. Produkte und Dienstleistungen unterliegen dem Wandel der Zeit – ein gutes Mission Statement hingegen muss davon unabhängig funktionieren.

Werte: Die Seele des Unternehmens

„Die neue Dimension des Marketings: Vom Kunden zum Menschen“ heißt das Buch von Marketing-Papst Philip Kotler aus dem Jahr 2010 (2). Der Autor spricht darin vom Aufstieg des werteorientierten Zeitalters, in dem Menschen nicht mehr länger als Verbraucher sondern als Individuen mit Kopf, Herz und Seele verstanden werden:

Verbraucher suchen verstärkt nach Lösungen, die ihnen die Angst davor nehmen, ob und wie die globalisierte Welt eine bessere Welt wird. In einer chaotischen Welt suchen sie nach Unternehmen, deren Mission, Vision und Werte ihren ureigenen Bedürfnissen nach sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Gerechtigkeit entsprechen. Sie wünschen sich von den Produkten und Dienstleistungen, die sie wählen, Erfüllung – nicht nur in funktioneller und emotionaler Hinsicht, sondern auch in seelischer.

Als Unternehmen müssen Sie definieren, wofür Sie stehen. Wie beim Mission Statement geht es auch hier um Prägnanz, um die Merkfähigkeit bei allen Mitarbeitern zu gewährleisten: Drei bis fünf Grundsätze sind genug.

Das Wissen über die Markenidentität – also das Selbstbild eines Unternehmens über seiner Marke – wird häufig nur unzureichend vermittelt. Außerdem passiert es leider gar nicht so selten, dass Entscheidungsträger die eigene Markenidentität falsch einschätzen bzw. eine unklare Linie verfolgen.

Vision: Der Gipfel in der Ferne

„Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“ Das bekannte Zitat des legendären chinesischen Philosophen Laozi ist vielleicht etwas abgedroschen, aber trotzdem nicht weniger richtig.

„Die Vision ist eine Zukunftskreation, keine Zukunftsvorhersage!“, stellt Franz-Rudolf Esch (1) klar. Die tatsächliche Erreichung ist nicht zwingend, die Mitarbeiter müssen aber zumindest daran glauben.

So begeisterte etwa die spektakuläre Gründungsvision von Bill Gates aus dem Jahre 1975 die frühen Microsoft-Mitarbeiter: „Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Zuhause.“ Ein klare Ansage, die heute zumindest in Industrieländern längst zur Realität geworden ist.

Wenn das Mission Statement der Stern am Horizont ist, dann ist die Vision der Berggipfel, der erklommen werden soll, meint Esch (1).

Aus der Vision leiten sich die strategischen Ziele ab, die mittelfristig erreicht werden sollen. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Ziele realistisch aber durchwegs ehrgeizig gesteckt werden. Keller und Price (3) fordern außerdem, dass bei der Formulierung von Zielen sowohl Fakten als auch Intuition berücksichtigt werden.

Ich bin restlos davon überzeugt, dass werteorientiertes Marketing stark im Kommen ist. Wenn Sie das auch so sehen, würde ich mich sehr über einen Austausch freuen.

Wenn Sie noch einen Motvationsschub benötigen, empfehle ich Ihnen folgendes Video: „The Impossible Dream“ aus dem Broadway-Musical „Man of La Mancha“  in meiner Lieblingsversion von Carter U.S.M.

Der Song setzt bei mir Energien für ein Leben nach meinen Werten frei – und bei Ihnen?

Literatur

(1) Esch, Franz-Rudolf (2016): Identität. Das Rückgrat starker Marken. Campus, Frankfurt am Main.

(2) Kotler, Philip; Kartajaya, Hermawan; Setiawan, Iwan (2010): Die neue Dimension des Marketings: Vom Kunden zum Menschen. Campus, Frankfurt am Main.

(3) Keller, Scott; Price, Colin (2011): Beyond Performance. ow Great Organizations Build Ultimate Competitive Advantage. Wiley, Hoboken.