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Dienstleistungsinnovation

Anders als die anderen. Erfolgreiches Dienstleistungsmarketing setzt die Einzigartigkeit des Leistungsangebot voraus. Innovation ist dafür ein wesentlicher Hebel. Vierter und vorläufig letzter Teil meiner Serie zum Dienstleistungsmarketing.

Der Begriff der Leistungsinnovation bezieht sich auf die Neuentwicklung von Leistungen. (1) Durch Leistungsinnovation kann es gelingen, sich deutlich vom Mitbewerb abzuheben und sich Vorteile im Kampf um Aufmerksamkeit zu verschaffen.

In der heuer erschienenen 9. Auflage ihres Klassikers „Dienstleistungsmarketing“ verweisen Meffert, Bruhn und Hadwich auf die Innovation des englischen Hotels „Happy Guest Hotel Lodge“ in Dutton, Ceshire. In dem Hotel steigen in erster Linie allein reisende Geschäftsreisende ab. Um das Gefühl der Einsamkeit zu vermeiden, haben die Gäste seit dem Jahr 2013 die Möglichkeit, sich an der Rezeption für £5 einen Goldfisch auszuborgen. (1)

Das Konzept hat in der Zwischenzeit Schule gemacht und Nachahmer auf den Plan gerufen. So berichtete der Spiegel und andere Medien im September 2017 über eine ähnliche Aktion des „Charleroi Airport Hotels“ südlich von Brüssel.

Erfolgsprinzipien der Innovation

Wie gelingt Innovation bei Dienstleistern? Als Einstieg in das Thema empfehle ich das Buch „33 Erfolgsprinzipien der Innovation“ (2). Oliver Gassmann und Sacha Friesike haben darin eine Menge wertvoller Strategien gesammelt. Die Autoren gehen eingangs davon aus, dass die Me-Too-Mentalität vieler Unternehmer der eigentliche Grund für das Scheitern ist.

Einige der Erfolgsprinzipien setze ich in meinen Coachings ein. Die folgenden drei Strategien kommen dabei wohl am häufigsten zum Einsatz und zählen auch zu meinen persönlichen Favoriten:

1. Das Rekombinationsprinzip

Laut Gassmann und Friesike sind 80 Prozent aller Innovationen ausschließlich Rekombinationen aus existierenden Ideen, Konzepten und Technologien. Die Kunst besteht darin, Bekanntes mit neuen Augen zu sehen.

So habe ich die Gründung von Mganga Reisen von Hertha Schwaighofer begleitet, das zwei aktuelle Reisetrends kombiniert: Safari und Naturheilkunde. Das ostafrikanische Tansania hat sich in den letzten Jahren als Safari-Destination etabliert: Mit 1,3 Millionen Ankünften pro Jahr hat sich die Touristenanzahl seit 1995 mehr als vervierfacht. Mit der steigenden Attraktivität der Destination wächst aber auch die Zahl der tourisischen Anbieter.

Deshalb setzt Mganga Reisen auf einen weiteren Trend: International ist ein wachsendes Interesse an Praktiken der Naturheilkunde feststellbar. Bei Mganga Reisen steht daher der Besuch eines traditionellen Heilers (Mganga auf Swahili) auf dem Programm. Das Konzept ist in dieser Form einzigartig und hat entsprechend große mediale Resonanz erzielt.

Mganga Reisen
Mganga Reisen verbindet Safari mit afrikanischem traditionellem Heilwissen. (Bild: Mganga Reisen)

2. Das Boutique-Prinzip

Viele Unternehmen wollen zuviel und bieten einen ganzen Bauchladen an Dienstleistungen oder Produkten an. Damit geraten sie nur allzu oft ins Hintertreffen. Am Beispiel des Online-Handels sehen wir: Welcher Newcomer kann es schon wirklich mit einem etablierten Riesen wie amazon aufnehmen?

Die Chance liegt in der Nische und in der Sortimentsbereinigung. Friesike und Gassmann sprechen in diesem Fall von Innovationsboutiquen, die mit einer überschaubaren Anzahl von Produkten zu überzeugen wissen. Voraussetzung für den Erfolg sit allerdings, dass das Produktsortiment mit größer Sorgfalt zusammengestellt wird. (2)

Als Beispiel möchte ich auf mein neues Projekt Monastera Klosterschätze verweisen. Der Online-Shop trägt der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung, dass immer mehr Konsumenten nach besonderen Produkten suchen. Klöster haben in der Herstellung von besonderen Qualitätsprodukten eine lange Tradition. Die erlesenen Liköre des Europaklosters Gut Aich, die feine Naturkosmetik aus dem Kloster Wernberg oder die „Heiligen Seifen“ der Abtei St. Severin befriedigen die Sehnsucht nach regionalen Produkten, die alles andere als Massenware sind. „Curated Shopping“ heißt das auf Neudeutsch.

Monastera Klosterschätze
Monastera.com bietet handverlesene Schätze aus europäischen Klöstern (Bild: Shutterstock.com, eigene Bearbeitung)

3. Das Ford-Prinzip

„Der Markt ist ein Trottel“, sagt der steirische Erfolgschocolatier Josef Zotter im Interview mit der Wiener Zeitung, „wenn ich immer nach dem Markt produziere, geht irgendwann die Innovation verloren.“ Will heißen: Den Kunden danach zu fragen, was er wünscht, führt nur allzu oft auf dem Holzweg. Deshalb setzt Zotter auf außergewöhnliche Schokoladenkreationen wie „Rosa Kokos und Fischgummi“ oder „Messwein und Weihrauch“.

Zotter gibt den Kunden, wonach sie nicht gesucht haben. Damit erntet er Aufmerksamkeit und Begeisterung. Entscheidend ist, dass man als Produzent oder Dienstleister vom eigenen Angebot überzeugt ist.

Das Ford-Prinzip erhielt seinen Namen vom Automobil-Pionier Henry Ford. Dieser soll gesagt haben: „Hätte ich die Menschen gefragt, was sie gerne hätten, so hätten sie nach einem besseren Pferd verlangt.“ Die Herkunft des Zitats ist zwar umstritten, trifft den Nagel aber auf den Kopf: Machen Sie das, woran Sie glauben. Auch dafür gibt es einen Markt.

Henry Ford
Henry Ford im Jahr 1924 mit dem ersten und dem zehnmillionsten Ford (http://www.americaslibrary.gov/jb/civil/jb_civil_ford_2_e.html Detroit Publishing Company, June 4, 1924. Touring Turn-of-the-Century America: Photographs from the Detroit Publishing Company, 1880-1920, Library of Congress., Gemeinfrei, Link)

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Literatur

(1) Meffert, Heribert; Bruhn, Manfred; Hadwich, Karsten (2018): Dienstleistungsmarketing. Grundlagen – Konzepte – Methoden. 9., vollständig überbeitete und erweiterte Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden. (Buch bei amazon.de bestellen)

(2) Gassmann, Oliver; Friesike, Sascha (2014): 33 Erfolgsprinzipien der Innovation. Hanser, München. (Buch bei amazon.de bestellen)

Titelbild: Shutterstock.com