Die klassischen Medien schlagen Online-Kanäle in puncto Vertrauen um Längen. Pressearbeit ist und bleibt daher ein zentrales Instrument im Kommunikationsmix. Hier erhalten Sie wertvolle Tipps, wie Sie Ihre Pressetexte optimal gestalten.
Seit 2015 führt die Johannes Gutenberg Universität Mainz die Langzeitstudie Medienvertrauen durch. Auch die neuesten Forschungsergebnisse (2022) belegen, dass die klassischen Mediengattungen nach wie vor die höchsten Vertrauenswerte genießen – trotz Corona-Pandemie.
Vertrauenswerte in Mediengattungen
Natürlich hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Im Vergleich zur letzten Erhebung 2020 sind die Vertrauenwerte durch Bank gesunken. 62 Prozent halten das öffentlich-rechtliche Fernsehen für "sehr/eher vertrauenswürdig", vor zwei Jahren waren es noch 70 Prozent gewesen. dahinter folgen Regionalzeitungen mit 60 Prozent (2020: 63 %) und überregionale Tageszeitungen mit 55 Prozent (2020: 56 %).
Internet-Angebote schneiden deutlich schlechter ab. So beurteilen nur fünf Prozent Nachrichten in sozialen Netzwerken als vertrauenswürdig - dieser Wert blieb seit 2020 unverändert.
Pressearbeit setzt auf Vertrauen
Gute gemachte Pressearbeit fördert Faktoren wie Bekanntheit, Sympathie und Vertrauen einer Marke. Dabei ist Reichweite nicht alles. Konsument*innen wünschen sich Medien, auf deren Informationen sie vertrauen können.
Unternehmen und Organisationen können also auf Pressearbeit nicht verzichten. Doch wie schafft man es zu einer hohen medialen Resonanz? Die Basis dafür bilden:
1. das Verständnis für journalistischen Selektionsprozesse
2. die Kenntnis der Zielgruppe und der medialen Ansprechpartner*innen
3. ein erstklassiger Pressetext
1. Journalistische Selektionsprozesse
Man möchte meinen: Journalist*innen entscheiden über die Aufnahme von PR-Beiträgen alleine nach redaktionellen Richtlinien. Das ist nicht ganz richtig. Es ist mehrfach belegt, dass die ideologischen Einstellungen und Wertevorstellungen von Journalist*innen (News Bias) für die Nachrichtenauswahl eine Rolle spielen.
Ebenso gibt es wie externe und interne Einflussfaktoren - wie etwa ökononomische Interessen des Mediums oder Zeitdruck.
Es ist z. B. noch nicht lange her, da wurde etwa mein Pressebeitrag über einen Bildungsanbieter von einem Redakteur aus "ökonomischen Gründen" abgelehnt. Meine Recherchen ergaben, dass der wichtigste Mitbewerber zu den größten Anzeigenkunden des Mediums zählte.
Diese Mechanismen gehören leider zum Alltag. Das Um und Auf für die professionelle Pressearbeit bleibt aber die Beantwortung der Frage: Welche Stories sind für Journalist*innen wirklich interessant?
In redaktionellen Auswahlprozessen spricht man von den Nachrichtenfaktoren. Diese dienen Journalist*innen als Navigationssystem für die Beurteilung der Relevanz von angebotenenen Beiträgen.
Mit den Nachrichtenfaktoren habe ich mich in einem eigenen Blog-Beitrag auseinandergesetzt. Hier nochmals die wichtigsten Faktoren in Kürze:
- Nähe: Je weiter weg, desto schlechter. Medien interessieren sich in erster Linie für Ereignisse aus ihrem Verbreitungsgebiet.
- Außergewöhnlichkeit: Je einzigartiger Ihr Angebot, desto eher werden sich Journalisten dafür begeistern.
- Popularität: Je prominenter, desto unterhaltsamer. Die Meinung bekannter Personen interessiert – selbst dann, wenn sie nur wenig Substanzielles beizutragen haben.
- Aktualität: Je mehr Bezug Sie zu einem aktuellen Thema herstellen können, desto größer die Chance auf Berichterstattung. Newsjacking ist eine der erfolgreichsten PR-Strategien.
- Kontroverse: Je konfliktreicher, desto spannender. Zeigen Sie Haltung.
- Fakten, Fakten, Fakten: Je mehr Fachkompetenz Sie unter Beweis stellen können, desto bedeutungsvoller.
- Personalisierung: Je persönlicher, desto reizvoller. Medien berichten lieber über Menschen als über Firmen.
- Vertrauenswürdigkeit: Je eher Journalisten Ihnen vertrauen können, desto besser. Bleiben Sie immer bei der Wahrheit.
Bitte beschäftigen Sie sich intensiv damit - je mehr Nachrichtenfaktoren Sie bedienen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Pressetext auch veröffentlicht wird.
2. Zielgruppen
Doch bevor Sie sich der Textgestaltung widmen, müssen Sie sich darüber im Klaren werden, welche Medien von Ihrer Zielgruppe überhaupt konsumiert werden. Hier bilden die Studien zu den Sinus-Milieus einen wertvollen Anhaltspunkt, da in diesen auch die Mediennutzung der unterschiedlichen Milieus erhoben wird.
Was bringt Ihnen ein Beitrag im Regional-TV, wenn Ihre Zielgruppe vor allem Wirtschaftssendungen schaut? Eben.
Machen Sie zunächst eine Liste der für Sie relevanten Schlüsselmedien. Im nächsten Schritt sollten Sie das jeweilige Zielmedium genauer unter die Lupe nehmen. Welches Ressort berichtet über Ihre Themen? Wer könnte Ihren Schwerpunkt behandeln? Wie werden die Beiträge dort aufbereitet? Welches Bildmaterial wird benötigt?
Versetzen Sie sich nun in den Kopf des Redakteurs in Ihrem Zielmediums. Und erstellen Sie einen Beitrag, der genau die Anforderungen des Mediums erfüllt.
Zugegeben: Dieses Verfahren ist zwar etwas aufwändig, aber es zahlt sich aus. Presseverteiler mit Hunderten Kontakten und OTS-Dienste haben weitgehend ausgedient. Entscheidend ist, die steigenden Exklusivitätsansprüche eines Mediums zu bedienen.
3. Aufbau von Pressetexten
Journalismus ist erlerntes Handwerk. An meinem ersten Arbeitstag als junger Volontär erklärte mir mein Chefredakteur das Prinzip der umgekehrten Pyramide. Das Prinzip meint nichts anderes als: Das Wichtigste kommt zuerst.
Am Anfang steht also ein kurzer Absatz (Lead) mit den wichtigsten Kerninformationen. Hier können Sie sich an den journalistischen W-Fragen für ein Nachrichtenereignis orientieren:
- Was ist passiert?
- Wer war beteiligt?
- Wo geschah das Ganze?
- Wann geschah es?
- Wie ist es abgelaufen?
- Warum ist es passiert?
Im nächsten Schritt sollten Sie die Relevanz erklären und Quellen anführen. Das ermöglicht den Redaktionen eine Einordnung.
Wenn Sie also ein neues medizinisches Wundermittel auf den Markt bringen, müssen Sie erläutern, wie viele Personen überhaupt von dem Krankheitsbild betroffen sind. Diese Zahlen untermauern Sie mit einer möglichst seriösen Quelle.
Nun folgen die Einzelheiten. Wie funktioniert die medizinische Lösung konkret? Was halten Ärzte von dem Produkt? Wie könnte eine Weiterentwicklung aussehen?
Zuletzt kommt Hintergrund zu Ihrem Unternehmen in Form des Abbinders (Boilerplate). Hier beantworten Sie wesentliche Eckpunkte zum Profil: Wie lange sind Sie im Geschäft? Was ist Ihre Mission? Wie viele Kunden haben Sie? Wie hoch ist der Jahresumsatz?
3.1 Titel, Absätze, Länge
Nun noch zu ein paar formalen Hinweisen: Ihr Pressetext braucht natürlich eine möglichst spannende aber sachliche Überschrift. Im Untertitel können Sie weitere wertvolle Zusatzinformationen verpacken. Dann kommt das bereits besprochene Lead mit den beantworteten W-Fragen.
Dahinter folgen die weiteren Absätze, geordnet nach abnehmender Bedeutung. Trennen Sie die Absätze durch aussagekräftige Zwischentitel, um für mehr Übersichtlichkeit zu sorgen.
Am Ende steht der Rückfragehinweis mit den Kontaktdaten der Ansprechperson.
Eine der am häufigsten gestellten Fragen lautet: Wie lange soll ein Pressetext sein? Hier gehen die Meinungen auseinander. Manche empfehlen eine A4-Seite, manche deutlich längere Texte.
Ich gehöre ins zweite Lager. Ein Pressetext sollte mindestens 3.500 Zeichen (inklusive Leerzeichen) haben.
Warum so viel? Einspalter bringen kaum Aufmerksamkeit. Wenn Sie wollen, dass großflächig über Sie berichtet wird, müssen Sie auch entsprechend in Vorleistung gehen.
3.2 Klartext statt Buchstabensuppe
Über einzelne Formulierungen lässt sich streiten, über die Verständlichkeit eines Textes aber nicht. Viele Unternehmen verhindern eigene PR-Erfolge, in dem sie Journalisten mit Fachjargon und Monstersätzen überfordern.
In einem älteren Blog-Beitrag habe ich mit dem Thema am Beispiel von Elektronikherstellern beschäftigt. Diese sollten Sie sich allerdings nicht zum Vorbild nehmen: Verständliche Pressetexte kommen mit kurzen und aktiven Sätzen aus, verzichten auf Fremd- und Füllwörter und verwenden eine bildhafte Sprache.
3.3 Themenvorschlag statt Presseinfo
Wenn Sie überzeugt sind, einen passenden Artikel für Ihr Zielmedium verfasst zu haben, schreiben Sie dem zuständigen Redakteur eine freundliche E-Mail. Begründen sie im Anschreiben, warum die Story interessant sein könnte.
Fügen Sie Ihren Pressetext als Beilage an und stellen Sie hochauflösende Bilder per Link zum Download bereit.
Ganz entscheidend ist die Betreffzeile: Verzichten Sie auf Begriffe wie "Pressemitteilung" oder "Presseinformation", da sonst der Eindruck entsteht, dass Ihr Text auch an andere Empfänger geht. Verwenden Sie stattdessen liebe die Bezeichnung "Themenvorschlag".
4. Ein erfolgreiches Beispiel
Nun noch zu einem Beispiel. Zum Erscheinungstermin meines Buches "Profilierung" habe ich eine Presseaussendung verfasst. Das Thema ist nicht ganz einfach - eine Buchpublikation alleine hat für reichweitenstarke Tageszeitungen zuwenig Nachrichtenwert.
Ich musste also den richtigen Rahmen finden. Dabei half mir mein Studium der Afrikanistik, das als klassisches Orchideenfach gilt. Wie können sich Absolvent*innen von Orchideenfächern als Expert*innen profilieren? Das war die richtige Story für die Karriere-Seite der Samstagsausgabe der "Salzburger Nachrichten".
Basis dafür war ein Pressetext, den Sie sich hier herunterladen können. Zum Vergleich finden Sie hier den veröffentlichten Beitrag aus den SN.
Noch Fragen?
Ich unterstütze Sie sehr gerne bei Ihrer Pressearbeit - sei es im Rahmen von Schulungen für Ihre Mitarbeiter*innen oder in Form einer PR-Betreuung.
Sollten Sie daran Interesse haben, dann freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme per Telefon +43 699 1135 33 99 oder per E-Mail martin@sturmer.at.
Titelbild: Shutterstock.com
Beitragshistorie: Originalversion vom 22. Juni 2021, Update am 3. November 2023