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Als der Router noch Akustikkoppler hieß

Auf den Tag genau vor 25 Jahren – am 19. September 1991 – gelang mir meine erste Titelstory. Ich war damals junger Volontär bei der Braunauer Rundschau und hatte über Neonazi-Umtriebe und andere nächtliche Gewaltakte in meiner Heimatstadt recherchiert. Das war nicht ganz ungefährlich: Für das Foto auf der Titelseite wäre ich um ein Haar selbst vermöbelt worden.

Neben meinen ersten Einsätzen als Lokalreporter hat mich vor allem die Technik in der Redaktion fasziniert. Die Seminararbeiten für die Uni habe ich damals noch auf einer elektrischen Schreibmaschine verfasst. Und irgendwie hatte ich mir erwartet, dass man bei einer Lokalzeitung wohl noch mit Klebe-Layouts arbeiten würde. Ich war aber ziemlich überrascht, dass die Braunauer Rundschau bereits vollständig auf digitales Desktop Publishing umgestellt hatte.

Richtiggehend von den Socken war ich aber, als ich erfuhr, wie die fertige Ausgabe in die Druckerei nach Wels gelangte. In der Redaktion gab es einen sogenannten Akustikkoppler, mit dem die digitalen Daten über die analoge Telefonleitung als Tonsignale übertragen wurden. Dafür wurde der Hörer des Redaktionsapparats auf den Koppler gesteckt und ab ging die Post. Im Schneckentempo freilich: Ich glaube mich daran zu erinnern, dass das ein paar Stunden dauerte.

Akustikkoppler
AkustikkopplerEin reichlich antiquierter Akustikkoppler mit aufgestecktem Telefonhörer (Bild: Rama – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.0 fr, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=906988)

Leider bekamen wir im Sommer 1991 nichts davon mit, dass sich keine 600 Kilometer weiter westlich Geschichte geschrieben wurde. Am CERN in Genf machte Tim Berners-Lee am 23. August 1991 die erste Website für Nutzer außerhalb der Forschungseinrichtung erreichbar. Das Internet war geboren.

In der Kommunikation ist danach bekanntlich kein Stein auf dem anderen geblieben: Der Akustikkoppler musste Modem und Router weichen. Die Braunauer Rundschau, die einst 80 Prozent der Haushalte im Bezirk Braunau erreichte, segnete im Jahr 2008 das Zeitliche. Ein Schicksal, das sich in immer knapperen Abständen wiederholt. Nimmt man die Gratisblätter aus, gibt es hierzulande nur noch zwölf Tageszeitungen.

Es ist offensichtlich: Durch den digitalen Wandel verlieren Zeitungen zunehmend an Reichweite und Geschäft, für die erfolgreiche PR-Arbeit bleiben sie dennoch unverzichtbar. Wie eine aktuelle Umfrage zeigt, genießt die gedruckte Tageszeitung mit Abstand das größte Vertrauen aller Informationsquellen. Im Gegensatz dazu leiden Facebook, Twitter und Co. an einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem.