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Tansania: Medien unter Druck

Ohne staatliche Akkreditierung dürfen Journalisten in Tansania ihren Beruf nicht mehr ausüben. Für die aktuelle Ausgabe der Stichproben des Instituts für Afrikawissenschaften habe ich mit der Entwicklung und den Folgen der neuen Mediengesetzgebung auseinandergesetzt.

Seit den Recherchen zu meiner Dissertation The Media History of Tanzania (1998) verfolge ich die Entwicklungen der Mediengesetzgebung in Tansania. Nach dem Amtsantritt von Präsident John Magufuli hat sich die Situation entscheidend verschärft: Durch den Media Services Act, 2016, der Anfang 2017 in Kraft getreten ist, hat die ohnehin schon restriktive Mediengesetzgebung einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Die umstrittenste Bestimmung ist, dass alle Medienmitarbeiter staatlich akkreditiert werden müssen, bevor sie ihren Beruf überhaupt ausüben dürfen. Neu geregelt wurde auch die Lizenzvergabe für Print- und Online-Medien. Jeder Medientitel benötigt eine Lizenz, bevor er erscheinen darf. Nach dem neuen Mediengesetz kann die zuständige Regierungsbehörde die Vergabe einer Lizenz verweigern und eine bereits erteilte Lizenz zurückziehen.

Aktuelle Beispiele für den Lizenzentzug

15. Juni 2017: Die Wochenzeitung Mawio wird für 24 Monate verboten, weil sie die ehemaligen Staatspräsidenten Benjamin Mkapa und Jakaya Kikwete mit der Misswirtschaft im Minensektor in Verbindung brachte.

19. September 2017: Die Wochenzeitung Mwanahalisi wird mit mit einem 24-monatigen Erscheinungsverbot wegen Beleidung des Präsidenten belegt.

29. September 2017: Raia Mwema wird für die Dauer von 90 Tagen aus dem Verkehr gezogen. Die Wochenzeitung hatte behauptet, dass die Regierung von John Magufuli zum Scheitern verurteilt sei.

24. Oktober 2017: Über die Tageszeitung Tanzania Daima wegen der Verbreitung von Falschinformationen ein 90-tägiges Erscheinungsverbot verhängt.

Restriktives Gesetz als koloniales Erbe

Nationale Journalistenverbände und internationale Menschenrechtsorganisationen kritisieren die neue Mediengesetzgebung zurecht als undemokratisch: Die Ausübung des journalistischen Berufsfelds ist ohne staatliche Erlaubnis nicht mehr möglich. Die schwammigen Formulierungen des Gesetzes öffnen Missbrauch Tür und Tor. Außerdem steht das neue Gesetz im klaren Widerspruch zur Verfassung von 1977, in der Meinungsfreiheit garantiert ist.

Mir war wichtig zu zeigen, dass die nunmehrige Gesetzgebung koloniale Wurzeln aufweist. Seit dem ersten Pressegesetz von 1912 aus der deutschen Kolonialzeit wurden die Kontrollmechanismen für die Medienlandschaft immer rigider. Die Newspaper Ordinance der britischen Administration von 1928 sah bereits eine Registrierungspflicht von Zeitungen vor. Damit wurde später auch versucht, die Medien der Unabhängigkeitsbewegung unter Julius Nyerere in Zaum zu halten.

Download

Der Beitrag Mediengesetzgebung in Tansania in Geschichte und Gegenwart kann auf der Stichproben-Website kostenfrei als PDF heruntergeladen werden.

Titelbild: Zeitungsleser in Sansibar im Februar 2017 (Foto: Martin Sturmer)