Was haben Starbucks, Red Bull oder Harley Davidson gemeinsam? Ganz einfach: Sie alle laden ihre Marke mit Archetypen auf und schaffen so eine dauerhafte und emotionale Bindung zum Konsumenten. Diese Markenpersönlichkeiten sorgen für Einzigartigkeit.
Erfolgreiche Marken werden häufig kopiert. Manchmal sind Nachahmer sogar erfolgreicher als das Original. Um sich dieser Bedrohung ein Stück weit zu entziehen, müssen Sie Ihrer Marke eine Bedeutung verleihen – eine Bedeutung, die nur Sie glaubhaft besetzen können. Wir sprechen von der Schaffung einer Markenpersönlichkeit.
Eine spannende Möglichkeit dazu bietet die Auseinandersetzung mit den Archetypen. Diese gelten als die Urbilder unserer Vorstellungsmuster. Ihre Entdeckung geht auf die Arbeiten des Schweizer Psychiaters C. G. Jung (1875-1961) zurück, der in menschlichen Träumen und Phantasien „typische Mythologeme“ (1) beobachtet hat.
Mythologeme werden nicht individuell erworben, sondern sind in einem kollektiven Unbewussten fest verankert. Dieses Phänomen ist rund um den Erdball zu beobachten: Archetypische Motive wie z. B. der Held, der Schöpfer oder der Magier treten in den unterschiedlichsten Kulturen auf.
Archetypen und Motivationstheorie
In ihrem Buch „The Hero and the Outlaw“ haben Margaret Mark und Carol S. Pearson (2) das tiefenpsychologische Konzept von Jung für die Markenführung weiterentwickelt.
Die beiden Autorinnen kombinieren zwölf Archetypen mit der Motivationstheorie, die der Frage nachgeht, auf welcher Basis Menschen Entscheidungen treffen. Die Motivationstheorie unterscheidet in vier menschliche Grundantriebe, die jeweils zwei gegensätzliche Paare bilden: Zugehörigkeit vs. Individualität und Sicherheit vs. Risiko.
Mark und Pearson erklären, wie wir mit diesen Antrieben umgehen: Einerseits wollen wir alle einer sozialen Gruppe angehören, geliebt und geschätzt werden (Zugehörigkeit). Andererseits streben wir danach, Zeit alleine zu verbringen und treffen egoistische Entscheidungen (Individualität).
Einerseits haben wir das Bedürfnis nach Stabilität. Wir zahlen unsere Versicherungen und gehen zum Arzt (Sicherheit). Andererseits wollen wir uns beweisen. Wir starten eigene Unternehmen, investieren in Aktien und bereisen gefährliche Gegenden (Risiko).
Unsere Psyche erfordert ein permanentes Verhandeln dieser Positionen. Wird ein Pol überbetont, gerät sie aus der Balance. Das ist laut den Autorinnen auch der Grund, warum viele von uns in eine Midlife Crisis stürzen.
Archetypen und ihre Charakterisierung
Im nächsten Schritt haben Mark und Pearson diesen vier Antrieben jeweils drei Archetypen zugeordnet.
Sicherheit | Zugehörigkeit | Risiko | Unabhängigkeit |
---|---|---|---|
Der Schöpfer | Der Hofnarr | Der Held | Der Unschuldige |
Der Beschützer | Der Normalo | Der Gesetzlose | Der Entdecker |
Der Herrscher | Der Liebhaber | Der Magier | Der Weise |
Jeder diese Archetypen verkörpert – entsprechend seiner Kategorisierung – ganz spezielle Eigenschaften.
Sie geben Sicherheit: Der Schöpfer steht für Kreativität und liebt die Selbstdarstellung (z. B. Apple). Der Beschützer will anderen helfen (z. B. Versicherungen). Der Herrscher demonstriert Macht (Microsoft).
Sie schaffen Zugehörigkeit: Der Hofnarr bringt andere zum Lachen (z. B. Haribo). Der Normalo ist höchst durchschnittlich (z. B. Hofer, Aldi, Ikea). Den Liebhaber zeichnen Eleganz und Erotik aus (Chanel, Alfa Romeo).
Sie nehmen volles Risiko: Der Held triumphiert über das Böse und liebt Herausforderungen (z. B. Nike). Der Gesetzlose verfügt über die Attraktivität der verbotenen Frucht (z. B. Harley Davidson). Der Magier macht Unmögliches möglich (z. B. „Red Bull verleiht Flügel“).
Sie lieben die Unabhängigkeit: Der Unschuldige träumt von einem perfekten Familienleben in idyllischer Umgebung (z. B. Biomarken wie Rapunzel). Der Entdecker sucht nach Neuland (z. B. Starbucks). Der Weise glaubt an die Lernfähigkeit der Menschen in einer besseren Welt (z. B. Harvard University, MIT, McKinsey).
Ich kann nur jedem empfehlen, eine Markenpersönlichkeit nach dem Vorbild der Archeypen zu schaffen. Gehen Sie also in sich: Welcher Archetyp steht für Ihr Unternehmen?
Beachten Sie aber, dass Sie eine authentische Auswahl treffen und Sie sich in der gewählten Rolle wohlfühlen. Denn nichts ist für die Markenführung schlimmer als ein eklatanter Widerspruch zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung.
Literatur
(1) Jung, C. G. (2017): Die Archetypen und das kollektive Unbewußte. 6. Auflage, Patmos, Ostfildern.
(2) Mark, Margaret; Pearson, Carol S. (2001): The Hero and the Outlaw. Building Extraordinary Brands through the Power of Archetypes. McGraw-Hill, New York.
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